Im Rahmen der Ausstellung ‘Frauen sehen Frauen’ (1975) in der Zürcher Städtischen Galerie zum Strauhof scheiterte die Fotografin Tula Roy anfänglich am Vorhaben, eine Fotoserie über Prostituierte zu machen. Da wurde sie mit Irene Staub (1952-1989) bekannt gemacht, die als glamourös sich selbst inszenierende Prostituierte bekannt war. Aus der Begegnung entstand der erste Langfilm der Regisseurin. Auf visueller Ebene fängt die Dokumentation alltägliche Szenen aus dem Leben von Irene Staub, besser bekannt als Lady Shiva, ein: das Warten auf Kunden etwa oder alltägliche Beschäftigungen wie Einkäufe oder die Betreuung ihres Kindes. Die Tonspur hingegen konterkariert diese Bilder, lässt nach und nach eine Person entstehen, die nachdenklich und vor allem sehr einsam ist.
Lady Shivas Extravaganz und ihre gekonnte Selbstinszenierung trugen dazu bei, dass der Film bald einmal einen gewissen Kultstatus genoss, genauso wie dies der Protagonistin widerfuhr: Irene Staub wurde in dieser Zeit zur Ikone, arbeitete als Model, war Muse für Kunstschaffende, Sängerin in einer Band und Performerin. Sie hatte aber auch mit einer Drogensucht zu kämpfen, was ihr in den Siebzigerjahren immer weniger erfolgreich gelang. Irene Staub verstarb 1989 unter nicht gänzlich geklärten Umständen bei einem Motorradunfall in Thailand. Tula Roy, die eher an einer Milieustudie denn einem Ikonenportrait interessiert war, liess ihren Film allmählich in Vergessenheit geraten.
Film: Lady Shiva oder die bezahlen nur meine Zeit, 1974, Dialekt, 40′
Wann: 14. September 2023, Film ab 20 Uhr, Bar ab 19 Uhr
Wo: Lichtspiel / Kinemathek Bern
Mit dem monatlichen Programmfenster Archivschätze bietet das Lichtspiel in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse und Memoriav die Gelegenheit, restaurierte Filme aus der Schatztruhe der Cinémathèque suisse (wieder) zu entdecken. Weitere Informationen und nächste Vorführungen